Merci, Concierge

Wie ein einfaches Konzept eine Wohnanlage in Botnang verbessert und Menschen in Lohn und Brot bringt

Am zwölfstöckigen Gebäude steht ein kleiner Vorbau mit einer großen Zwei am Dach. Drei Fensterfronten am quadratischen Raum bieten beste Aussicht über den Platz zwischen den Häusern mit Spielplatz und viel Grün. Das Concierge- Büro für die Wohnanlage in der Botnanger Paul-Lincke-Straße ist kaum zu übersehen.

Das muss so sein, Sichtbarkeit gehört zum Konzept. Die SWSG hat nun mit der Neuen Arbeit gGmbH – einer Tochterorganisation der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (Eva) – erneut einen Vertrag für das Concierge-Büro geschlossen, der auf drei Jahre läuft. Langzeitarbeitslose Menschen finden dort für längstens ein Dreivierteljahr eine Beschäftigung, die dem Quartier zugutekommt und Nachbarschaft stiftet. Gleichzeitig wird das Büro für viele Arbeitssuchende das Sprungbrett zum regulären Job.

Mitte der 2000er-Jahre waren die Probleme in der Großsiedlung kaum zu übersehen – und vor allem nachts kaum zu überhören. Jugendliche aus anderen Stadtteilen trafen sich am Fuß der Wohntürme, ärgerten mit ihrem Lärm und Müll die Nachbarschaft und machten die Gegend unsicher. Ein Wachdienst wurde der Lage nicht Herr. Erst mit der Gründung des Concierge- Büros änderte sich die Situation. „Ich habe erst einmal die Namen der jungen Leute in Erfahrung gebracht", erinnert sich Leo Ziaja, seit 2007 als Concierge in Botnang beschäftigt. Dann ging er auf sie zu, kündigte Konsequenzen an und verschaffte sich so Respekt – und der Nachbarschaft mehr Ruhe.

400 Mitarbeiter in acht Jahren

Das alles hat der Chef des Büros natürlich nicht alleine geschafft. Rund 400 langzeitarbeitslose Menschen haben seit der Eröffnung 2007 in dem Büro gearbeitet, haben für Ordnung und Sauberkeit in der Anlage gesorgt, haben streitende Mieter beruhigt, sind auf Jugendliche eingegangen, haben Mietern mit geringen Deutschkenntnissen bei Formularen geholfen oder Post entgegengenommen und garantierten mit ihren häufigen Rundgängen dafür, dass die Paul-Lincke-Straße ein friedliches Quartier bleibt.

Das kann Annelore Duda nur bestätigen. Seit über 40 Jahren wohnt die 86-Jährige in der Siedlung. „1974 wurden die Häuser hier vor allem für Beschäftigte der Landeshauptstadt gebaut", erinnert sich die ehemalige Stadtangestellte. Vor der Gründung des Büros sei es manchmal schon schlimm gewesen. Vandalismus, Gewalt und sogar Drogen beeinträchtigten das Leben in der Anlage, viele Mieter seien weggezogen. Mit dem Büro aber gebe es viel bessere Verhältnisse und eine Anlaufstelle. Deshalb ist auch Annelore Duda schnell mal vorbeigekommen. „Der Aufzug ist kaputt, wann kommt der Reparaturdienst?", fragt sie. „Wir haben schon angerufen", sagt Leo Ziaja – schnelle und einfache Hilfe, auch das ist eine Aufgabe des Büros.

Sprungbrett aus Arbeitslosigkeit

Doch nicht nur die SWSG-Mieter profitieren von den Concierges – auch die Beschäftigten selbst ziehen Nutzen aus dem Büro. Alexander Rahl kam als Langzeitarbeitsloser. Mittlerweile bereitet er sich auf verschiedene Prüfungen vor, um auf dem Ersten Arbeitsmarkt im Bewachungsgewerbe Fuß zu fassen. Die Perspektive für den 38-Jährigen ist nicht schlecht. Kürzlich hat er abends eine Bewerbung losgeschickt. „Am nächsten Morgen hatte ich schon den Anruf der Firma, die mich nehmen möchte, wenn ich alle Prüfungen geschafft habe", sagt Rahl.

Damit würde er zu dem Fünftel der Concierge-Mitarbeiter gehören, die nach ihrer Tätigkeit wieder reguläre Arbeit fanden. Aktuell sind acht Leute im Büro beschäftigt. Das Projekt ist allerdings auf 15 ausgelegt. „Momentan schickt das Jobcenter aber nicht genügend Mitarbeiter", sagt Stefan Klinkert, Geschäftsleiter des Sozialunternehmens Neue Arbeit. Die Begründung ist einfach: Nicht jeder Langzeitarbeitslose eignet sich auch für die Bewachungsbranche. Das Projekt „Concierge-Büro" ist auch immer wieder von Änderungen der Arbeitsförderung betroffen. Einst rekrutierte das Büro Concierges unter den sogenannten Ein-Euro- Jobbern. Mittlerweile heißt das Nachfolgemodell „PIA – Produktiv In Arbeit". Teilnehmer arbeiten die Hälfte ihrer Arbeitszeit, die andere ist für Fortbildung reserviert – was den Weg aus der Arbeitslosigkeit ebnen kann.

Concierge-Büro der SWSG

Das Concierge-Büro in der Botnanger Paul-Lincke-Straße wurde nach zweijähriger Testphase 2009 dauerhaft eingerichtet. Die SWSG hat mit der Neuen Arbeit einen Vertrag auf drei weitere Jahre geschlossen. Das Büro ist werktags von 9 bis 23 Uhr, freitags und samstags bis 24 Uhr sowie an Sonntagen von 12 bis 23 Uhr besetzt. Die Mitarbeiter sorgen für Sicherheit und Ordnung, achten auf die Kehrwoche, unterstützen mit Hilfestellungen, nehmen Pakete an oder wechseln defekte Glühbirnen aus.

Diesen Beitrag finden Sie in der Sommerausgabe des SWSG-Mietermagazins zuHause.

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